Die Geschichte der Energienutzung ist eine Geschichte des Mangels.
Von der Antike bis tief ins 19 Jahrhundert mussten sich die Menschen mit immer denselben, nie ausreichenden Energiequellen begnügen: menschliche und tierische Muskelkraft, Brennholz und Holzkohle, Wasser- und Windkraft. Die Menschheit hat nur ganz langsam gelernt, sich verschiedene Energieträger zunutze zu machen. Noch nie hatte der Mensch so viel Energie zur Verfügung wie heute!
Auch unsere Führungen bieten spannende Einblicke, z.B.:
Zwischen frühzeitlichen Gemeinschaften von Jägern und Sammlern und der modernen Industriegesellschaft hat sich der jährliche Energieverbrauch pro Kopf nahezu verzwanzigfacht. Von 10-20 GJ/Kopf*Jahr auf ca. 250 GJ/Kopf*Jahr.
*GJ = Gigajoule
Jeder Mensch nutzt das drei- bis sechsfache des menschlichen Grundumsatzes, vor allem Nahrungsenergie sowie Biomasse als Brennstoff.
Jeder Mensch nutzt das 18- bis 24-fache des menschlichen Grundumsatzes, vor allem Nahrungsenergie, Biomasse als Brennstoff und neu: die Energie von Haustieren (aber auch von Zwangsarbeitern und Sklaven).
Jeder Mensch nutzt das 70- bis 80-fache des menschlichen Grundumsatzes, vor allem fossile Brennstoffe.
Quelle: Geschichte des Energieverbrauchs
In der Frühzeit war die eigene Muskelkraft, gespiesen durch Nahrung, die einzig zur Verfügung stehende Energie. Erfindungen wie Hebelprinzip, Flaschenzug und Rad halfen, die Muskelkraft wirksamer anzuwenden. Griechen und Römer bedienten sich menschlicher Muskelkraft zum Bau ihrer Städte, Tempel, Burgen und Flotten. 3 Mio. Arbeitssklaven zähle das römische Reich unter Kaiser Augustus - ein beträchtliches Energiepotenzial.
In England mussten Sträflinge in Gefängnissen noch während des 19. Jahrhunderts Industrieräder mit ihrer Körperkraft antreiben.
Tiere wurden schon früh als Zug- und Tragtiere eingesetzt. Der mit Abstand am frühesten domestizierte Hund wurde als erstes Zugtier eingesetzt. Als erstes Grosstier wurden Ochse und Kuh vor dem Pflug eingesetzt. Das Pferd war lange Zeit der obersten Schicht vorbehalten, da es vergleichsweise teuer im Unterhalt ist. Tiere wurden auch als Antrieb von Bewässerungs- und Mühlenanlagen genutzt.
Pferde und Ochsen wurden in der Landwirtschaft als Zugtiere vor den Pflug gespannt.
Holzkohle entsteht aus luftgetrocknetem Holz bei Erhitzung auf knapp 300°C unter Luftabschluss. Sie schlägt beim Verbrennen keine Flammen und erreicht höhere Temperaturen als Holz. Die älteste Art der Holzkohlegewinnung geht auf das Altertum zurück.
Von der Eisenzeit vor rund 3000 Jahren bis ins 20. Jahrhundert wurde Holzkohle von einem Köhler hergestellt. Der Köhler war zuständig für den Aufbau und Betrieb eines sogenannten Meilers. Das ist eine Art halbkugeliger Ofen, in dem die Verwandlung vom Holz zur energiereichen, pechschwarzen Holzkohle geschieht.
Holz und Holzkohle waren bis zur Entdeckung der fossilen Energieträger die einzigen Brennstoffe. Die führte zu grossflächigen Abholzungen schon zu Römerzeiten. Der römische Gelehrte Plinius höhnte in Hinsicht auf die Imperatoren: "Siegreich blicken sie auf den Ruin der Natur".
Die Anfänge der Windkraft sind nicht ganz klar. Erste Indizien gehen auf einfache Windmühlen im arabischen Raum vor rund 3000 Jahre zurück. Die Geschichte der persischen Windmühle kann bis ins 7. Jahrhundert zurückverfolgt werden. Sie gilt damit als der älteste bekannte Windmühlentyp. Die wohl bekannteste Gruppe von Mühlen steht im iranischen Ort Nashtifan und ist noch in Betrieb. Hier findet sich ein spannender Bericht auf englisch, allein die Bilder sprechen schon für sich:
In Europa etablierte die Windkraft sich in den letzten Jahrhunderten v.a. als Antrieb für Mühlen, an der Nordsee auch zum Entwässern der Deiche und in den USA zum Pumpen von Wasser. Mitte des 19. Jahrhunderts existierten in Europa 200‘000 Windmühlen, die Anfangs des 20. Jahrhunderts durch andere Motoren ersetzt wurden.
Die Windkraftnutzung zur Stromerzeugung begann vor knapp 1900 in Dänemark. Als Chance für die ländliche Bevölkerung wurden erstaunlich zuverlässige windkraftbetriebene Elektrizitätswerke gebaut - dadurch fand in Dänemark als einzigem Land der Erde die Elektrifizierung in ländlichen Gebieten gleichzeitig oder gar früher statt als in den Städten. Durch die zentralen Kohlekraftwerke mit Überlandleitungen wurden die Windkraftanlagen später verdrängt.
Der eigentliche Startschuss zum bis heute anhaltenden Windkraftboom erfolgte erst nach der ersten Energiekrise 1973/74. 1976 entstand die erste netzgekoppelte Anlage. Die Anlagen wuchsen kontinuierlich von einer Anfangsgrösse von 22 kW und 15m Durchmesser - aus Bastelwerkstätten wurden kleine Betriebe.
Wasserräder sind die ältesten und einfachsten Kraftmaschinen. Bereits die Antike kannte das Wasserrad, das in fliessendes Wasser gestellt wurde und über eine Welle seine Kraft abgab. Im Mittelalter wurde es zur wichtigsten Antriebsmaschine, die in Mühlen, Webereien, Sägewerken, bei der Papierherstellung und im Bergbau anzutreffen war. Deshalb siedelten sich Fabriken - auch in der Schweiz - sehr häufig an Flussläufen an, um die Wasserkraft zu verwerten.
Neue Erfindungen in den letzten 250 Jahren revolutionierten die Energiegewinnung und führten zur Industrialisierung. Sie änderten auch das Leben in unseren Haushalten komplett.
Werkzeugmaschine und Dampfmaschine waren die wichtigsten technischen Innovationen, die die handwerkliche Produktionsweise revolutionierten. Die Werkzeugmaschine übernahm Aktivitäten der menschlichen Hand und übertrug sie auf einen Mechanismus mit Werkzeugen. Die Dampfmaschine machte sie unabhängig von menschlicher und natürlicher Antriebsenergie wie Wasser- und Windenergie und wurde Grundlage mechanischer Energieerzeugung.
Mit der Umwandlung von Dampfkraft in mechanische Kraft wurde zum Beispiel der Bau von Fabriken weit entfernt von Wasserläufen möglich und rentabel. Die damit verbundenen Veränderungen der Arbeitswelt verliefen allerdings nicht konfliktfrei. Arbeiter sahen ihren Lebensunterhalt bedroht und protestierten gegen diese Entwicklung teilweise mit Gewalt und Sabotage in Fabriken.
Die ersten Stromnetze waren Inselnetze, d. h. sie versorgten nur ein kleines Areal um die Erzeugungsstelle der elektrischen Energie herum, z.B. das zu versorgende Theater. Dies galt besonders für Gleichstrom-Kraftwerke, deren Versorgungsradius prinzipbedingt eingeschränkt war.
Neben der Erzeugung aus mechanischer Energie durch Generatoren war auch elektrochemische Energieerzeugung durch Batterien oder Akkumulatoren üblich. So finden sich in damaligen Illustrierten Werbeanzeigen, die Nachttischlampen aber auch ganze Beleuchtungssysteme nach diesem Prinzip feilboten. Um die Zentralen (Kraftwerke) besser auszulasten, wurden auch gastronomische Betriebe, Geschäfte, Bürogebäude, öffentliche Gebäude und Privathaushalte angeschlossen.
Privathaushalte wurden anfangs nur widerwillig angeschlossen, da der Lastgang schwer einzuschätzen war. Die durch sie erzeugte Kochspitze half aber, die Überproduktion elektrischer Energie zur Mittagszeit abzudämpfen. In München wurden Wohnhäuser kostenlos angeschlossen, wenn der Besitzer eine komplette Hausinstallation (Stromkeller, Etagenverteiler etc.) einrichtete.
Erste öffentliche Beleuchtung mit Bogenlampen im Jahre 1885 auf dem Max-Joseph-Platz in München. Die Statue ist der König, dem der Platz gewidmet ist. Die vielen Leute sind wohl dort, um die Lichter zu bewundern!
Bald schon wurde Alles und Jedes elektrifiziert, nicht nur die Beleuchtung sondern z.B. auch die Strassenbahnen, Aufzüge, Haushaltsgeräte (z.B. elektrisches Bügeleisen, Waschmaschine, Boiler, E-Herd, später Staubsauger und Kühlschrank), medizinische Geräte (z.B. Röntgenstrahlung, Elektrisiergeräte), sowie Industrieanlagen und Informationssysteme (Telegraphie, Telefon, später Radio etc.). Letztere wären ohne Elektrifizierung gar nicht denkbar.
Die neuesten Errungenschaften wurden regelmässig in Weltausstellungen einem großen Publikum präsentiert (insbesondere in der Zeit von 1882 bis 1891). Diese erweckten entsprechende Begehrlichkeiten und erhöhten so die Nachfrage.
Nach der gelungenen Fernübertragung von Wechselstrom 1891 an der Internationalen Elektrotechnischen Ausstellung in Frankfurt überstürzten sich die Erfindungen zu ihrer Nutzung. Kraftquelle für die Generatoren waren Kohle, Gas und Erdöl. Es entstanden Wärmekraftwerke, die Dampfmaschinen antrieben, und Verbrennungsmotoren. Deutlich umweltfreundlicher war die Entwicklung der Wasserkraftwerke. Bereits 1915 hatte die Schweiz ein flächendeckendes Stromnetz, früher als andere Staaten.
Ende des 19. Jahrhunderts erwarteten Menschen vom Elektrizitätswerk nur Licht und Kraft (in Kerzenstärken und Pferdestärken). Die Wärmeerzeugung durch Elektrizität setzte erst zu Anfang des 20. Jahrhundert ein. In den 1920er-Jahren war die Elektrogerätebranche soweit, dass Boiler und Heizungen zur Nutzung des "Abfallstroms" zu Nachtzeiten auf dem Markt waren. "Abfallstrom" deshalb, weil aufgrund des geringen Stromverbrauchs nachts das Wasser ungenutzt über die Wehre der Kraftwerke abgelassen werden musste.
...veränderten den beruflichen Alltag innert weniger Jahren. Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft profitierten von Arbeitserleichterungen sowie schnelleren und bequemeren Produktionsprozessen. Arbeitsbedingungen für Industriearbeiter verbesserten sich, die Menschen mussten sich nicht mehr so plagen, Arbeitsräume wurden freundlicher und heller, die Unfallgefahr verringerte sich.
Anfangs des 20. Jahrhunderts dienten Elektromotoren zunächst als zentraler Antrieb, der die Kraft mittels eines ausgeklügelten Riemensystems an die einzelnen Arbeitsplätze übertrug. In der 1920er Jahren setzte sich der elektronische Einzelantrieb für jede Werkzeugmaschine durch.
"Jeder Landwirt weiss heute (1925), dass es für ihn keine bessere und billigere Helferin bei vielen praktischen Arbeiten gibt als die Elektrizität."
Ein Elektromotor spart menschliche Arbeit: Eine Kilowattstunde, die 20 Rappen kostete, konnte 10, 20, sogar bis zu 30 Arbeitsstunden eines Menschen ersetzen. Eine menschliche Arbeitsstunde in der Landwirtschaft kostete zu jener Zeit jedoch fast 50 Rappen.
Als bedeutendste technische Erfindung des Jahrhunderts bezeichneten 1983 die Französinnen die elektrische Waschmaschine. Früher war der Waschtag für die Hausfrau harte körperliche Arbeit; normalerweise fand er alle vier Wochen statt.
Schön gebügelte Wäsche war der Stolz jeder Hausfrau. Als 1899 die Prometheus AG in Liestal mit der Produktion von elektrischen Glätteisen begann, fand das Gerät sofort begeisterte Freundinnen. In den Anfangsjahren wurde ein Reglement zur Benutzung von "Glätteisen" erlassen, welches es verbot, dieses für andere Anwendungen zu brauchen (zum Braten von Spiegeleiern oder Benutzung als Wärmeflasche). Auch musste man es über die Lichtleitung benutzen, durfte also als nicht gleichzeitig Licht anhaben (bzw. nur gegen Aufpreis).
Apparat | 1915 | 1945 | 1975 | 1995 |
---|---|---|---|---|
Kochherd | <1 | 28 | 70 | 86 |
Boiler | <1 | - (a) | 34 | 29 |
Geschirrspülmaschine | 0 | 0 | 13 | 40 |
Kühlschrank | 0 | 2 | 86 | 97 |
Dampfabzug/Lüftung | 0 | 0 | 19 | 50 |
Fernsehapparat | 0 | 0 | 70 | 87 |
Bügeleisen | 3 | 82 | 95 | 96 |
Staubsauger | <1 | - | 87 | 95 |
Computer | 0 | 0 | 0 | 28 |
Heizung | 0 | <1 | 2 | 7 |
(a) Anteil am gesamten Stromverbrauch in Haushaltungen: 48%
Quelle: Grad der Elektrifizierung im Privathaushalt ~(%-Anteil elektrischer Apparate) - Mutzner, Jürg: Die Stromversorgung der Schweiz, 1995, S. 15
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